Nachdem der aus Belgrad stammende, in Frankreich arbeitende Comic-Zeichner Enki Bilal mit wenig Geld beeindruckende Filme wie Bunker Palace Hotel und Tykho Moon realisiert hatte, sah man wohl gute Chancen, dass er mit 20+ Millionen Budget seine Visionen noch viel besser würde umsetzen können.
Zum Teil ist das aber auch ganz großer Mist. Es funktioniert immer dann nicht, wenn Hauptfiguren (wie Allgood oder seine vollklischeesierte Killer-Amazone) komplett computeranimiert sind und daher leblos und schlecht wirken. Am Stand der Technik allein kann das nicht liegen, ich finde zum Beispiel auch die Bewegungen der Flugwägen sehr unnatürlich und überhaupt die ganze Stadt manchmal sensationell, manchmal sehr unbefriedigend dargestellt.
Hinzu kommt, dass Bilal seine eigenen Comic-Bücher (hier: „Die Geschäfte der Unsterblichen“ und folgende) derart entstellt, dass viele Dinge, die seine grafischen Novellen ausmachen, dabei verloren gehen. Und doch wäre es klug, die Comics zu kennen, um einige Hintergründe zu haben, die im Film sonst klar fehlen. Dieses Opfer könnte man verstehen, wenn am Ende eine klare Narration herausgekommen wäre. Aber Bilal kann (erneut) der Versuchung nicht widerstehen, eine schwer verdauliche Mischung aus Kunst und Kommerz, aus Symbolen und Schießereien zu basteln, vielleicht aufgrund seiner Mission, das europäische Kino im Alleingang neu zu erfinden. Doch was im Comic funktioniert – etwa die Monopoly spielenden Götter -, weil Comic-Leser solche Konstrukte gewohnt sind, funktioniert im Film irgendwie nicht, alles wirkt wie unfertig vom Reißbrett gezerrt.
Ob Immortal gefällt oder nicht, kommt darauf an, ob man sich auf den Film, seine Ästhetik, seine Erzählweise einlassen kann. Auf eine visuelle Gestaltung, die teils zweifellos atemberaubend ist, teils aber eben auch grottig. Auf eine Story, die teils Hollywoodreif, teils unglaublich schlecht ist – mit Dialogen von stellenweise schwer nachvollziehbarer Dümmlichkeit. In einem Drehbuch, dessen fast durchweg schlecht motivierte Figuren einen nerven: Allein Horus (CGI) zieht in der Story sein Ding durch, doch was will zum Beispiel Jill? Obwohl sie klar die Hauptrolle hat (auch die Kamera ist (völlig zu recht) in sie verliebt), interessiert sich der Erzähler nicht für ihre Ziele. Und Nikopol (Thomas Kretschmann), der durch Zufall in das Geschehen gerät, besitzt einen Hintergrund als Widerstandskämpfer, der sich durch die gesammte Stimmung des Films zieht – doch für seine Funktion im Film spielt diese Vergangenheit keinerlei Rolle (die eigentliche Geschichte aus den Comics war sichtlich zu komplex). Gar nicht reden von zahlreichen Mysterien, die auch beim wiederholten Anschauen nicht einleuchten wollen, auch wenn sie irgendwie schön rätselhaft anzuschauen obendrein – etwa der nebulöse Vermummte in der Verbotenen Zone und sein bizarrer Aufenthaltsort.
Aber: Besser an hohen Zielen scheitern als nichts zu versuchen! Bilal betrachtet das ganze übrigens als Film über eine Dreier-Liebesbeziehung. Stimmt auch, macht es aber nicht besser. Die Aussage legt nahe, dass Horus und der Vermummte zwei Ausprägungen derselben Entität sind – etwas, was in den Comics nicht der Fall ist. – Enki Bilal hat möglicherweise sogar absichtlich darauf verzichtet, die Computergrafiken noch realer aussehen zu lassen (bei einigen Schauspielern wurde zum Beispiel der reale Körper übernommen, nur das Gesicht ersetzt) – doch warum auch immer er es tat, das Ergebnis ist irgendwie zeimlich unbefriedigend. Aber nicht uninteressant.
Fazit: Missratene Mischung aus Viel-zu-viel-CGI und mystischem SF-Action-Kunstfilm. Nur für Enthusiasten empfehlenswert, oder für all jene, die sich an Jill (Linda Hardy) in großartigen Kostümen und Masken ergötzen wollen (was mir wiederholtes Anschauen eindeutig wert war). – CGI-Hasser sollten einen weiten Bogen drum machen. Und wer beim Inhalt aufhorcht, fährt mit den Comics besser.
- Finanziell dürfte der Film ein einziges Fiasko gewesen sein. Aber wer weiss, vielleicht hat es die DVD noch rausgerissen.
- Auf Blu-ray gibt es ein 3er-Pack mit Immortal, Eden Log, Vidocq – alle drei misslungen, aber alle drei auch interessant.