Transcendence
Der knuffige Wissenschaftsnerd Will Caster (Johnny Depp) bastelt an einer neuen Art der künstlichen Intelligenz. Als er bei einem Attentat von Anti-Technik-Terroristen radioaktiv vergiftet wird und an Strahlenkrankheit zu sterben droht, sorgen seine Frau und ein Kollege dafür, dass sein Bewusstsein in die Hardware der KI hochgeladen wird. Doch danach stellt sich (kurz) die berechtigte Frage: Ist diese KI noch Will Caster – oder was ganz anderes? Die Gattin stellt sich diese Frage erst, als er längst mit Nanobots einige Menschen vernetzt hat, FBI und Technik-Terroristen arbeiten da schon an der Abschaltung des Internet…
Um positiv einzusteigen: „Transcendence“ (2014) ist optisch wenigstens auf hohem Niveau gescheitert. Das sieht alles hübsch aus (der Regisseur war Kameramann für Chistopher Nolan) und kann für zwei Stunden auch passabel unterhalten.
Aber nur, sofern man sein Gehirn vorher auf Festplatte auslagert. Denn Transcendence ist auf vielen Ebenen so ungeheuer doof, dass es der Sau graust. Das beginnt bei rein filmischen Problemen, wie etwa dem Timing (innerhalb des Films), geht weiter bei visuellen Torheiten (Avatare „pixeln“ – auf Quantencomputern?) und endet nicht bei Drehbuchidiotien, wie der, dass das FBI (warum die?) sich mit Terroristen verbündet (Warum? Gibts kein Militär?), um das Problem in die Luft zu sprengen. Und nicht zuletzt weiß der Film auch gar nicht, wie er sein Geschehen jetzt finden soll. Armer Johnny Depp.
Immerhin meidet Transcendence einige übliche Klischees: Das Militär will nichts böses (ist gar nicht dabei), der FBI-Mann ist nicht „falsch“, die KI dreht nicht durch (sie wählt halt nur den vielleicht falschen Weg). Dafür gibts drei ganz schlimme Klischees (Spoiler!): Die Zillionen-Ganz-Schnell-Sich-Öffnenden-Fenster, Der-Finale-Virus-Upload,-der-alles-lahmlegt, plus: Nanobot-Tentakel, die irgendwann plötzlich aus dem Boden schnellen. Oh Mann.
Natürlich beschäftigt sich Transcendence punktuell auch mit interessanten Themen. Und tatsächlich hat man diese nicht alle schon in den Cyber-Dingsbums-Filmen 80ern und 90ern gehört. Doch mit welcher Tölpelhaftigkeit der Film praktisch alles umschifft, was irgendwie interessant sein könnte, das geht auf keine Kuhhaut: Sind digitale Abbilder das Original? Hätten sie dann Rechte? Würden sie sich in ihrer Existenz wohlfühlen? Würden Menschen sich wirklich vernetzen lassen für das ewige Leben? Wie würde eine Entität denken, die tatsächlich nahezu Allgegenwärtig wäre und wie würden wir mit ihrer Allwissenheit umgehen? Wie gestaltet sich überhaupt die Kommunikation mit einer (angeblich) viel, viel, viel schlaueren Intelligenz? Und wie ist es, die Frau eines Großrechners zu sein? All das ist dem Film wurstegal. Drei hochinteressante Stellen – das Ziehen des Steckers von PINN, die Idee vom Schreien des digitalen Affenabbildes, der Ex-Vernetzte, der wieder ans Netz will – finden ebenfalls nur in Nebensätzen statt. Selbst die religiösen Motive werden aufgebaut, nur um dann unbeachtet wieder zu verschwinden. Auch vom Transhumanismus als Bewegung hat man in diesem letztlich moralinsauren, konservativen Film noch nichts gehört.
Transcendence meidet wohl absichtlich „das große Bild“ (nie sieht man, dass „die Menschheit bedroht“ ist), will bei seinen Hauptpersonen bleiben und sichtlich nichts weiter sein als ein Starvehikel-Liebesfilm mit Thriller-Elementen. Und das ginge sogar völlig Ordnung, wenn er wenigstens thrillen oder eine gute Liebesgeschichte erzählen würde. Tut er aber beides nicht. (Zum Vergleich sehe man sich mal Splice oder A.I. – Künstliche Intelligenz an.) Nur schön aussehen tut er, doch auch hier fragt man sich nach dem Film, was genau man eigentlich gesehen hat.
Fazit: Mutloser, seichter Edel-Cyberkitsch für Wenns-sonst-nichts-im-TV-gibt.
http://www.youtube.com/watch?v=5d0vdDPJMKU
Ehrlich entbehrlich …
Absolut.