Pi
Mathematik kann durchaus spannend sein, wie Darren Aronofsky mit seinem Regiedebüt bewiesen hat. Spät, aber doch gibt es den Streifen auch bei uns auf DVD.
Eigenbrötler Max Cohen kommt kaum vor die Tür. Das Mathe-As sitzt stattdessen in seiner erdrückend winzigen Bude, umgeben von infizierten Computersystemen, und versucht, im Chaos ein Muster zu sehen. Chaos, das ist nämlich nur scheinbar die Natur der Dinge: der Flug der Vögelschwärme, die raschelnden Blätter im Wind. Aber auch die Natur der Zahlen launiger Börsenkurse. Und die der scheinbar zufälligen Ziffernfolge der transzendenten Zahl „Pi“. In der scheint Cohens Computer endlich ein Muster ausgemacht zu haben: eine 216-stellige Super-Zahl, die Max nach ihrer Entdeckung aus Versehen in den Müll schmeißt.
Bald hat der chaotische Mathematiker gleich zwei Verfolger am Hals: Eine Gruppe radikaler Kabbalisten, die in der heiligen Schrift vor allem Zahlencodes sieht, will von ihm den wahren Namen Gottes ausrechnen lassen. Und auch Wall-Street-Agenten interessieren sich brennend für eine Urformel, die Börsenkurse vorhersagen kann. Zu alledem leidet Max Cohen an schrecklichen Kopfschmerzen, Verfolgungswahn, Halluzinationen …
Ein befreundeter Mathematiker rät ihm davon ab, die geheimnisvolle Zahl noch weiter zu erforschen, er selbst habe dabei fast sein Leben verloren. Doch Max macht weiter. „10:18. Ich drücke Return.“
Als der Film 1999 herauskam, gab es zwei Arten von Leuten: Die einen sagten „Wow!“, die anderen bekamen ihn wegen fauler oder feiger Filmverleiher gar nicht zu Gesicht. Schon klar: Der Sci-Fi-Psycho-Agenten-Thriller ist halt nur Fassade, in Wirklichkeit ist „Pi“ Kunst mal 3,141. Ein Titel, der nur aus einem griechischen Buchstaben besteht. Klaustrophobisch-düstere Atmosphäre. Körniges Schwarz-Weiß. Abgehackte repitative Schnitte. Elektronischer Soundtrack an der Schmerzgrenze. Ein Budget von popeligen 60.000 Dollar. Wer will so was schon sehen? „10:48. Ergebnisse: Blödsinn.“ Denn diese absolute Perle des Arthauskinos ist eben auch spannend, reißend, tiefsinnig, mysteriös – geiler kann ein Independent-Film nicht sein. Wen die UK-Import-Version von „Pi“ bislang wegen des hohen Preises oder der Sprache schreckte, kriegt jetzt endlich, endlich die synchronisierte Fassung für die Hälfte. Ein absolutes Muß. Genau wie der Soundtrack.